Artikel vom 01.03.2022
Artenvielfalt und Wasserkraft
Wasserkraft ein Irrweg?
Am 12.02.2022 wurde im BR um 19.00 Uhr ein Beitrag über „Fischfreundliche Wasserkraftwerke“ ausgestrahlt. Dabei wurde hauptsächlich das Großweiler Schachtkraftwerk gezeigt und in Verbindung mit todbringenden Turbinen gebracht. In dem Beitrag entstand nahezu der subjektive Eindruck, als würde das Schachtkraftwerk in Großweil eine regelrechte Fischhäckselmaschine sein, in deren Umfeld sogar eine Vielzahl von Habitaten zerstört würden.
Richtig ist, dass seitens der TU München unter Leitung von Herrn Prof. Dr. Jürgen Geist auch an der Anlage in Großweil ein Fisch Monitoring durchgeführt wurde. Im Zuge dieses Verfahrens wurden auch Fische den Turbinenschächten zugeführt, die im normalen Kraftwerksbetrieb nicht in diese Bereiche gelangen können. Denn die horizontal verlegten Rechen auf dem Schachtbauwerk mit einem Abstand von 20 mm verhindern, dass Fische ab einer bestimmten Körpergröße zu den Turbinen gelangen. Für jene Fische, die den Rechen Richtung Turbinen passieren können, dürfte das verbleibende Restrisiko, eine Verletzung zu erleiden, als äußerst gering einzustufen ein.
Die Turbinen mit einem Durchmesser von 180 cm und einer Umdrehungszahl von etwas über 150 Umdrehungen pro Minute dürften eine Gefahr für die „kleinen durch den Rechen passenden Fische und in der Flusslandschaft vorkommenden Individuen“ zudem verringern.
Bei objektiver Betrachtung scheint die Anlage in Großweil wohl eher eine der fischfreundlichsten Kraftwerksanlagen -- mit zwei (nach anerkannten Regeln ausgeführten) Fischaufstiegshilfen -- mit überzeugenden ökologischen und ökonomischen Werten anzusehen sein.
Für größere Fische, wie jene im Beitrag gezeigten, begutachteten Fische mit Verletzungen, bestehen daher im Normalbetrieb der Anlage keine derartigen Gefahren. Die Fische können vielmehr über der Rechenanlage ungehindert hin und her schwimmen oder durch eines der Fischabstiegsfenster problemlos ins Unterwasser gelangen.
Es wurde in dem Bericht auch auf die unter Schutz stehende Mühlkoppe eingegangen, die im Übrigen ein ausgesprochener Fischbrut-Räuber ist und ihrerseits einen nicht unerheblichen Teil zur Verarmung unserer heimischen Fischbestände beiträgt. In diesem Zusammenhang wurde eine Verschlammung im Stau Bereich des Kraftwerks eine Schuld am Aussterben der Mühlkoppe gegeben.
An exakt derselben Stelle im Flussbett befand sich nun schon seit Anfang der 1970er Jahre die sogenannte Raue Rampe, welche damals dort eine vormalige Wehranlage ersetzte. Durch die nunmehr vorhandene Schachtkraftwerksanlage mit ihren doppeltregulierbaren Kaplanturbinen sowie den klappbaren Wehrständern und nach Bedarf verstellbaren Verschlusstafeln ergeben sich nicht nur Möglichkeiten zur Schaffung optimaler Betriebszustände an der Anlage. Es lassen sich auch kontinuierliche Vorgänge zum Abspülen von Kies-, Totholz- oder Laubablagerungen vom Rechen einrichten oder ein Ablauf während Geschiebeverfrachtungen in Hochwasserzeiten standardisieren.
Sicher ist in Zeiten von Umweltverschmutzung und einer etwaigen Verarmung der Artenvielfalt das Betreiben von Wasserkraftwerken in Flussläufen auch kritisch zu hinterfragen. Nur sollte man nicht das Kind mit dem Bade ausschütten und Anlagen, die der Zeit entsprechen und ihr sogar voraus sind, nicht mutwillig in Misskredit bringen. Außerdem wird sich bald die Frage stellen, ob wir uns es noch leisten können, auf die saubere Energie unserer Flüsse zu verzichten.
Gerade im Hinblick auf unsere aktuelle Energiesituation ist es essentiell, dass neue intelligente Lösungen auf den Weg gebracht und umgesetzt werden.