Artikel vom 14.01.2020
1. Podiumsdiskussion 2020 im Festspielhaus
Grosser Andrang im Festspielhaus
1. Podiumsdiskussion im Festspielhaus
Podiumsdiskussion: Füssener Bürgermeisterkandidaten äußern sich zu Wirtschaft und Verkehr
16.01.20
Füssen – Das Gedränge war am Dienstagabend in der Bierwirtschaft im Festspielhaus groß, als die Bürgermeisterkandidaten Erich Nieberle (SPD), Christine Fröhlich (FWF) und Maximilian Eichstetter (CSU) in der ersten Podiumsdiskussion, die die Werbegemeinschaft Füssen organisiert hatte, aufeinandertrafen.
Im Mittelpunkt standen neben Fragen rund um die Wirtschaft, Füssens Verkehrsproblem, die Motivation und Führungsqualitäten der Bewerber auch die Anliegen der jungen und älteren Bürger, die zu der Veranstaltung gekommen waren. Dabei hatten die Kandidaten nur wenige Minuten Zeit für ihre Antworten. Sachlich trugen sie diese vor, wobei sie nur selten auf Aussagen ihrer Konkurrenten eingingen. In vielen Dingen waren sie gleicher Meinungen zum Teil aber mit unterschiedlichen Schwerpunkten.
• Stärkung der Kaufkraft und des regionalen Wirtschaftskreislaufs: Hier sah Eichstetter neben den Einzelhändlern vor allem den Tourismus in der Pflicht. „Wir müssen schauen, wie wir in eine qualitative Schiene kommen”, erklärte er. Solche Touristen blieben in der Regel länger und würden dann auch mehr Geld vor Ort ausgeben.
Einen anderen Schwerpunkt setzte Nieberle. „Kaufkraft zu stärken, heißt eben auch Einkommen zu stärken”, erklärte er und hatte dabei auch den Sozialen Wohnungsbau im Blick. Wenn die Kaufkraft der unteren und mittleren Einkommensschichten gestärkt werde, könnte das auch Wirtschaft und Handel ankurbeln.
Fröhlich regte dagegen an, sich mehr um die Standortpolitik zu kümmern, um Unternehmen zu halten und neue anzusiedeln und so auch Arbeitsplätze zu schaffen. In der Vergangenheit sei das produzierende Gewerbe und das Handwerk vernachlässigt worden, meinte sie.
Dafür seien wettbewerbsfähige Hebesätze beim Gewerbesteuersatz und der Grundsteuer B nötig. Dieser liege zwar leicht über dem landkreisweiten Durchschnitt, sei aber „absolut noch im grünen Bereich”, wandte jedoch Nieberle ein.
• Die persönliche, lang- und mittelfristige Zielbeschreibung der Bewerber für die Stadt Füssen: Laut Nieberle sollte Füssen ein Leitbild entwickeln. „Was wollen wir als Füssener in einem Schlagwort verkörpern?” Das müsse im Zuge des Stadtentwicklungsprozesses mit allen Bürgern angestoßen werden. Sein mittel- und langfristiges Ziel sei zudem, das Geld, das die Stadt vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt überführe, für den Unterhalt der städtischen Besitztümer zu nutzen.
Das setzt sich auch Eichstetter als langfristiges Ziel. Bei der grundlegenden Sanierung der städtischen Liegenschaften gebe es einen Sanierungsstau von acht Millionen Euro, erklärte er. Das müsse man angehen. Zunächst gehe es aber darum, die kommenden Mammutprojekte der Stadt richtig umzusetzen. Denn diese brächten eine Neuverschuldung von 80 Millionen Euro mit sich. Als kurzfristiges Ziel setzte sich Eichstetter die Umsetzung seines Verkehrskonzepts.
Die Arbeitsweise des Stadtrates möchte dagegen Fröhlich verbessern. „Wichtig ist mir vor allem, dass wir mehr konzeptionell arbeiten”, auch wenn sich das zuletzt verbessert habe. „Dass wir seit Jahrzehnten am Verkehr herumdoktern, das kann nicht sein.”
• Wie können die Gewerbesteuereinnahmen der Stadt erhöht werden? Könnten sich die Kandidaten einen Zusammenarbeit mit dem IT-Bereich der Hochschule Kempten vorstellen? Hier kam Fröhlich noch einmal auf die Hebesätze zurück. Es mache keinen Sinn, dass die Gemeinden des Zweckverbands zusammen Gewerbe im Gewerbepark Allgäuer Land ansiedeln, aber unterschiedliche Hebesätze haben.
FWF-Kandidatin Christine Fröhlich.
Daneben regte sie an, aktive Unternehmenspolitik zu betreiben und dabei mit der Wirtschaftsförderung des Landkreises zusammenzuarbeiten. In dem Zug müsste aber auch bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden. „Die Digitalisierung ist natürlich ein Standortfaktor, der immer mehr an Bedeutung gewinnt.”
Deshalb sei sie sehr daran interessiert eine entsprechende Außenstelle in Füssen zu schaffen. Das hätte auch Eichstetter gerne, wie er erklärte. Nur müssten dafür die nötigen Grundvoraussetzungen wie schnelles Internet und guter Mobilfunkempfang geschaffen werden. Einen ersten Schritt habe Füssen aber bereits mit der Tourismus-Außenstelle der Hochschule gemacht, die in die Lechstadt kommen werde. Hier gelte es nun passenden Wohnraum für Professoren und Studenten zu schaffen und auch das Thema Zweiwohnsitze im Blick zu behalten, deren Zahl zuletzt stark angestiegen sei.
Zunächst müsste sich die Stadt Füssen allerdings stärker an der Hochschule zeigen und so Studenten als künftige Arbeitnehmer gewinnen, forderte Nieberle. Um mehr Gewerbesteuer einzunehmen, müssten in erster Linie mehr Unternehmen in der Lechstadt angesiedelt werden.
Hier hatte er vor allem Füssen-Nord im Blick, wo er sich neben neuen Wohnungen auch produzierendes Gewerbe vorstellen könnte. „Die Morisse ist für mich etwas, was zum Thema Handel zu entwickeln ist. Ein Parkplatz ist mir auf Dauer zu wenig.” Allgemein könne die Gewerbesteuer aber schnell einmal wegbrechen, wogegen eine Kommune fest mit ihrem Anteil aus der Lohn- und Einkommenssteuer rechnen könne.
• Hat Füssen ein Verkehrsproblem? Wie kann sie es lösen? Und braucht Füssen eine Umfahrung? Einig waren sich alle drei Kandidaten, dass dieses Problem besteht und dass die Füssener es zum großen Teil auch selbst verursachen. Hier setzten alle drei auf den Ausbau des ÖPNV und der Fahrradwege sowie Parkplätzen für Reisebusse. Das könne aber nur in Zusammenarbeit mit dem ÖPNV funktionieren, erklärte Nieberle.
Durch Pendlerbusse und einem Citybus mit vernünftiger Taktung, mehr Radwegen und entsprechende Abstellmöglichkeiten könnte der Individualverkehr um ein Viertel reduziert werden, ist der SPD-Kandidat überzeugt. Allgemein wolle er Anreize schaffen, aber nichts verbieten. Da Füssen im Moment eine Umgehungsstraße brauche, müsse sich die Stadt auf langfristige Sicht bemühen, in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans zu kommen.
Keine Veranlassung für Umfahrung
Lösungen für Füssens Verkehrsproblem habe die CSU bereits in ihre Verkehrskonzept und Reisebuskonzept erarbeitet, erklärte Eichstetter. So gab es bereits Gespräche mit der RVA, die Buszeiten im August und September zu verlängern. Zudem überlege die CSU, wie sie mit möglichst wenig neuer Flächenversiegelung den Verkehr regeln könne.
Allerdings sah Eichstetter auch die Hoteliers mit ihrer strategischen Ausrichtung in der Pflicht. Für eine Umfahrung, die frühestens 2030 angegangen werden könnte, sehr teuer werde und zudem schwer umzusetzen sei, sah er vom derzeitigen Standpunkt aus keine Veranlassung. Da gebe es andere Möglichkeiten, ist er überzeugt. Er lehnte sie aber auch nicht kategorisch ab. Sein Plan: „Jetzt angreifen und parallel das große Projekt planen.”
„Es ist alles gesagt worden von meinen Vorrednern. Es ist alles richtig, was sie gesagt haben”, meinte Fröhlich. Deshalb appellierte sie, dass bei diesem Thema Parteipolitik und Parteiideologie keine Rolle spielen sollten. „Wir müssen gemeinsam mal endlich dieses Verkehrsproblem lösen”, appellierte sie. Es könne nicht sein, dass jede Partei für sich allein an einem eigenen Konzept arbeite.
Als Bürgermeisterin würde sie zwei Tage lang in Klausur gehen, alle Konzepte auf den Tisch legen und sie gemeinsam weiterentwickeln – auch mit der Gemeinde Schwangau zusammen. Die Frage sei zudem, ob die Stadt das richtige Verkehrsplanerbüro habe, wenn man seit über zehn Jahren nicht weiterkomme. In diesen Gesprächen würde sich auch herausstellen, ob Füssen eine Umfahrung brauche oder ob nicht andere Ideen besser seien.
Ein Bericht des Kreisbote vom 16.01.2020, Katharina Knoll