Artikel vom 25.05.2020
Digitale Kreisvorstandssitzung
Austausch mit Staatskanzleichef Dr. Florian Herrmann
Landkreis Roth (cr) – Zu seiner ersten Sitzung nach der Kommunalwahl ist der CSU-Kreisvorstand am Dienstagabend zusammengekommen. Im Mittelpunkt stand die aktuelle Situation in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Sie war auch der Grund dafür, dass die Sitzung erstmalig als Online-Konferenz stattfand. Dieser Umstand ermöglichte es aber auch, dass der Kreisvorsitzende Volker Bauer, MdL den Leiter des bayerischen Corona-Krisenstabs und Leiter der Bayerischen Staatskanzlei, Dr. Florian Herrmann, MdL zur Sitzung begrüßen konnte.
Informationen aus erster Hand
Aus seinem Freisinger Bürgerbüro berichtete Herrmann aus erster Hand über die Entwicklungen in einer sich rasch „wandelnden und komplexen Lage“. Er selbst sei auch kein Mediziner und so stelle es eine große Herausforderung dar, auf der Höhe der Diskussion zu bleiben. Der Krisenstab habe sich daher stets medizinischen, rechtlichen und ethischen Rat eingeholt. Mittlerweile wisse man über das Virus weit mehr, als noch vor einigen Wochen, aber man könne bei weitem nicht jede Entwicklung vorhersehen. Der Grundsatz „vorsichtig und umsichtig“ bestimme daher weiterhin das Handeln.
Bayern sei bereits vor der Pandemie gut dagestanden, erläuterte Staatsminister Herrmann und verwies in diesem Zusammenhang auf die hohe Zahl an Intensivbetten. Trotzdem sei von Anfang an die Prämisse gewesen, die Intensivbetten zu verdoppeln und nicht zuzulassen, dass das Gesundheitssystem an Grenzen stoße. In der ersten Phase sei vor allem die Beschaffung von Beatmungsgeräten eine Herausforderung gewesen. Mittlerweile stelle sich die Versorgungslage, auch in Hinblick auf Schutzausrüstung, positiv dar.
„Keine leichten Entscheidungen“
Da es bislang keinen Impfstoff gebe und die „Herdenimmunitätsschwelle“ bei etwa 65 Prozent liege, seinen „Containment-Maßnahmen“ unumgänglich gewesen. So habe man zuerst Veranstaltung schrittweise zurückgefahren und schließlich Ausgangsbeschränkungen verhängt und die Wirtschaft heruntergefahren. „Das waren bei weitem keine leichten Entscheidungen,“ betonte der Chef der Staatskanzlei, „uns war sofort klar, was das für Folgen hat“. Für Herrmann steht auch fest, Maßnahmen so einfach zu wiederholen, wenn sich die Infektionszahlen wieder verschlechtern, sei nur schwer möglich. So habe man nun ein bayerisches „Frühwarnsystem“ eingerichtet, dass bereits bei 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner Alarm schlage. Im Landkreis Roth seien die Zahlen ja vergleichsweise gut, in anderen Regionen Bayerns sehe es aber durchaus anders aus, was teils mit konzentrierten Ausbrüchen, z.B. in Pflegeheimen oder Schlachthöfen, zu tun habe. Hier versuche man individuelle Lösungen zu finden, um das Ausbruchsgeschehen einzudämmen. „Wir agieren mit passgenauen Maßnahmen.“
Wichtig sei es ihm, keine Hektik in Hinblick auf mögliche Lockerung aufkommen zu lassen. Man wolle sich bewusst nicht alle zwei Tage mit neuen Lockerungen „verstolpern“, viel mehr prüfe man genau, wie sich die Aufhebung von Beschränkungen auf die Infektionszahlen auswirke. Denn käme es zu einer drastischen Erhöhung der Zahlen hätte dies schlimme Folgen. Deutschlang stehe in der Pandemie dank guter Vorbereitung und umsichtigen Handelns gut da, man sei aber noch nicht durch. „Die Pandemie läuft noch!“ betonte Staatsminister Herrmann. Nach dem Überblick durch Staatsminister Herrmann eröffnete Volker Bauer die Fragerunde. Bezirksrätin Cornelia Griesbeck sprach dabei die „Nicht-Sportgruppen“ an, also Gruppenstunden, z.B. kirchlicher Gruppen. Hygienekonzepte z.B. für Angebote im Freien würden vorliegen. Auf Grund der Kontaktbeschränkung seien solche Angebote derzeit nicht möglich bestätigte Florian Herrmann. Würde man diese Angebote freigeben, müsse man auch alle anderen Vereinsaktivitäten, wie Vorstandssitzungen oder Mitgliederversammlungen, öffnen, dafür gäbe es derzeit noch kein Gesamtkonzept. Ein solches werde derzeit aber erarbeitet. Auch die Volkshochschulen und andere Bildungsträge habe man im Blick.
Der Rother Bürgermeister Ralph Edelhäußer erkundigte sich unter anderem nach Skateranlagen und Freibädern. Bei Skateranlagen befinde man sich wohl in einem Graubereich, ob nun Sportstätte – derzeit noch mit Betretungsverbot – oder Spielplatz – unter Einhaltung der Abstandsregeln bereits wieder geöffnet. Das Schwimmen, so Staatsminister Herrmann sei weniger das Problem, jedoch alle anderen Bereiche der Bäder. Wie in vielen anderen Bereichen sei man auch hier fortwährend an der Prüfung, was zugelassen werden könne und unter welchen Auflagen.
Gutes Wirtschaften ermöglicht Aufhebung der Schuldenbremse
Florian Herrmann äußerte sich auch zu den finanziellen Auswirkungen der Pandemie. Der Freistaat halte an seinen Finanzplanungen fest und will geplante Ausgaben und Förderungen weiterführen. Soforthilfen und langfristige Unterstützungen sollen daher durch Kreditaufnahme geleistet werden, was eine Abweichung von der verfassungsmäßig verankerten Schuldenbremse bedeutet. Dies sei in Krisenzeiten aber ausdrücklich vorgesehen und auf Grund der guten Haushaltslage und des niedrigen Schuldenstands in den zurückliegenden Jahren auch möglich.
Wie man den Kommunen bei Einnahmeausfällen helfen wolle, befinde sich derzeit in Abstimmung zwischen Bund und Ländern. Dem Vorschlag des Bundesfinanzministers Olaf Scholz (SPD) zu einer Altschuldentilgung könne Herrmann wenig abgewinnen. Da die bayerischen Kommunen vor der Krise finanziell besser dagestanden waren, bringe ein Altschuldentilgung wenig. Der Freistaat habe darüber hinaus das Interesse, dass Investitionen der Kommunen weiter stattfinden.
Nicht nur in Krisenzeiten systemrelevant: Handwerker und Frauen
Kreisvorstandsmitglied Adrian Schöll, selbst Handwerksmeister, fragte nach der Systemrelevanz seiner Branche. Elektriker sehe er, nicht nur im Umfeld kritischer Infrastruktur, als systemrelevant an, was auch eine Auswirkung auf die Möglichkeiten der Notbetreuung habe. Die Branche hatte damit zu kämpfen, dass oftmals Personal, auf Grund fehlender Kinderbetreuungsmöglichkeiten, nicht zur Verfügung stand und der ohnehin bestehende Fachkräftemangel so noch verschlimmert wurde.
Der stellv. CSU-Kreisvorsitzende und CSU-Ortsvorsitzende von Thalmässing Michael Kreichauf lobte die starke und besonnene Linie der Staatsregierung. Ausdrücklichen Dank sprach Kreichauf für die Unterstützungsleistungen aus – Kurzarbeit habe gut funktioniert und auch die Soforthilfe sei in den allermeisten Fällen rasch geflossen. Auch erkundigte sich der stellv. Fraktionsvorsitzende nach den Zuschüssen die der Freistaat Bayern leiste. Hier sicherte Florian Herrmann zu, dass der Freistaat an den Zuschüssen festhalten werde.
Den Blick in die Zukunft richteten abschließend Cornelia Griesbeck und Christoph Raithel. Als Vorsitzende der Frauenunion Mittelfranken freue es Griesbeck, dass man nun feststelle dass Frauen systemrelevant seien und machte Ihrer Hoffnung Ausdruck, dass sich dies auch nachhaltig auf Anerkennung der Arbeit und die Löhne auswirke. Staatsminister Herrmann bekräftigte diese Erkenntnis und betonte, dass man das nach der Krise „nicht einfach wegdiskutieren kann“.
Als Fraktionsvorsitzender im Hilpoltsteiner Stadtrat sei es wichtig, aus der jetzigen Situation auch Konsequenzen für die politische Arbeit zu ziehen. „Wir merken jetzt, was alles digital funktioniert,“ betonte Raithel und sprach sich für die Verankerung digitaler Formate für die Gremienarbeit aus, die die Bayerische Gemeindeordnung bisher noch nicht vorsehe. Dabei gelte es selbstverständlich auch die Öffentlichkeit bei Sitzungen und Beschlüssen zu wahren. Florian Herrmann sicherte zu, dies mit in die Beratungen zur Weiterentwicklung der Gemeindeordnung zu nehmen, die im Nachgang zu den Kommunalwahlen regelmäßig stattfinden würden.
„Corona sprengt alle Haushalte“
Dem Austausch schloss sich die Europaabgeordnete Marlene Mortler an, die ebenfalls an der Kreisvorstandssitzung teilnahm. Corona sei auch auf europäischer
Ebene das bestimmende Thema, die Pandemie sprenge alle Haushalte. In einer Schalte mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen habe man über unterschiedliche Instrumente gesprochen: Eurobonds, Coronabonds, Recovery Funds. Für Mortler sei es wichtig, dass die Kommission diese nicht am Parlament vorbei entscheide. Ihr sei es wichtig, dass klar sei, welcher Staat welche Mittel erhalte und wie sie verwendet würden. Ziel müsse es sein, alle Länder Europas im Blick zu haben und den Binnenmarkt zu stärken. Das „Merkel-Macron-Papier“ sei bemerkenswert und müsse nun diskutiert werden.
Mit 20 Sitzen im Kreistag zufrieden
Den Abschluss der Kreisvorstandssitzung bildete dann der Blick auf die zurückliegenden Kommunalwahlen. Als Kreisvorsitzender betonte Volker Bauer, dass er mit den erreichten 20 Sitzen im Kreistag durchaus zufrieden sei. Dies seien zwar zwei weniger als in der vorherigen Sitzungsperiode, in Hinblick auf die politischen Umbrüche habe man sich aber trotzdem gut positionieren können. Dies sei der Verdienst aller Engagierten in den Ortsverbänden. Dass man mit Edeltraud Stadler auch weiterhin eine stellvertretende Landrätin stelle freue Volker Bauer außerordentlich.