Artikel vom 27.07.2023
Interview mit Armin Bohnhoff:
Unser Fraktionssprecher zum Thema "Haushalt" im LK MIL.
In Deutschland verschlechtern sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und das Land geht Richtung Rezession. Die Staatsschulden sind auf Rekordhöhe.
⇒ War das mit ein Grund dafür, dass die CSU-Kreistagsfraktion dem Kreishaushalt des Landkreises Miltenberg am vergangenen Montag in der Kreistagssitzung nicht zugestimmt hat?
Bohnhoff: Natürlich hat das eine große Rolle gespielt. Angesichts der aktuell schwierigen Gesamtlage wie dem Krieg in der Ukraine, stetig anwachsenden Zuwanderer- und Flüchtlingszahlen, dem Klimawandel und der für jeden von uns spürbaren massiven Preissteigerungen in allen Lebensbereichen wird sich auch die wirtschaftliche Situation im Landkreis verschlechtern. Daher konnten wir dem geplanten Kreishaushaltsentwurf für 2023 nicht guten Gewissens zustimmen. Es kann auch nicht sein, dass wir unter einer ideologisch geprägten, völlig ungeregelten und aus dem Ruder laufenden Asylpolitik der Ampel-Koalition leiden, deren Folgen die Kommunen vor Ort ausbaden müssen.
⇒ Können Sie Ihre Ablehnung konkretisieren?
Bohnhoff: Der vorgelegte Haushalt wird der aktuellen Situation in keiner Weise gerecht. Für uns sind dafür drei gewichtige Gründe ausschlaggebend:
- Es ist keinerlei Wille zum Sparen erkennbar.
- Ansätze zur internen Verbesserung der Effizienz fehlen weitgehend.
- Der vorgesehene Finanzplan mit einer Kreisumlage von 48% ist für die Gemeinden angesichts der zu erwartenden Finanzkraft nicht zu stemmen.
⇒ Können Sie uns Beispiele nennen?
Bohnhoff: Das Haushaltsvolumen 2023 beläuft sich auf 159 Mio. Euro. Alleine die Steigerung der Personalkosten beträgt dabei 10,2%. Der Haushalt wird mit einem Minus von 1,9 Mio. Euro abschließen. Das Minus läge sogar bei 3,4 Mio. Euro, wenn der Sondereffekt durch den Verkauf der ZENTEC-Immobilie, sie wurde 1994 noch unter Landrat Roland Schwing ins Leben gerufen, nicht zusätzliches Geld in die Kasse spülen würde. Gleichzeitig leiden seit 2022 rund die Hälfte unserer Gemeinden im Landkreis unter einer angespannten finanziellen Haushaltssituation. Voraussichtlich werden 2023 noch mehr Gemeinden durch rückläufige Gewerbesteuern in die gleiche missliche Lage kommen.
⇒ Welche Konsequenzen hat der Kreishaushaltsplan für die Gemeinden?
Bohnhoff: Der Finanzplan geht von einer Steigerung der Kreisumlage von 39% auf 48% aus. Wir halten das für viele Gemeinden als nicht machbar. Es schnürt den Gemeinden die Luft ab, um ihre eigenen Aufgaben und Projekte zu erledigen. Wenn Landrat Scherf fragt, wo der Kreis denn sparen solle, dann ist auch die Frage der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister berechtigt, wo sie denn sparen sollen, um die Kreisumlage überhaupt stemmen zu können. Auf jeden Fall nicht zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger vor Ort.
⇒ Welche finanziellen Lasten meinen Sie damit?
Bohnhoff: Wir beobachten mit großer Sorge, dass der Landkreis für fast jedes Thema eine eigene beauftragte Person einstellt. Natürlich ist für eine erfolgreiche Arbeit wichtig, dass man dafür „Kümmerer“ hat. Aber muss man für jedes neue Thema gleich jemanden zusätzlich einstellen? Im Landratsamt haben sich die Personalkosten von 2016 bis 2023 von 20 Mio. Euro um fast 50% auf mittlerweile 29,7 Mio. Euro erhöht. Die Beschäftigtenzahl kletterte von 377 auf 455, als 78 Stellen mehr. Das ist eine sehr bedenkliche Entwicklung.
⇒ Sieht die CSU-Fraktion Lösungsmöglichkeiten aus dieser finanziellen Abwärtsspirale?
Bohnhoff: Auf keinen Fall mit der Einstellung „weiter so wie bisher“. Landrat Scherf hat unsere bereits mehrfach vorgebrachte und berechtigte Kritik an der Finanzpolitik des Landkreises als „CSU-demagogische Opposition“ und unsere Hinweise mit der Aussage „so bestimmt nicht“ herabqualifiziert. Eigene Ideen, wie er in Zukunft den finanziellen Handlungsspielraum des Kreises erhalten will, bleibt er jedoch schuldig. Gleichzeitig werden teure Prestigeprojekte realisiert wie der Glasboden in der Elsenfelder Sparkassenarena. Allein dies kostet jede Landkreisgemeinde in 2023 etwa 23.000 Euro. Dafür könnte jede Gemeinde eine Halbtagskraft im Kindergarten finanzieren…
⇒ Aber die CSU-Fraktion hat doch dem Haushalt für 2022 zugestimmt…
Bohnhoff: Das ist richtig. Aber damals hatte uns der Landrat zugesichert, dass eine hausinterne Arbeitsgruppe „Effizienzsteigerung/ interne Optimierung“ eingesetzt wird, die nach Kosteneinsparungen und Verbesserungsmöglichkeiten suchen soll. Was ist bisher geschehen? Zu wenig! Im Gegenteil: Das Ergebnis sind deutlich höhere Personalkosten - hervorgerufen durch noch mehr Einstellungen.
⇒ Wie wollen sie dagegenwirken?
Bohnhoff: Naja, erst muss beantwortet werden, ob eine bestimmte Aufgabe überhaupt gemacht werden muss. Dann, ob das der Landkreis macht oder der Staat. Denn jede neue Stelle „produziert“ zusätzliche Bürokratie. Also je mehr Stellen, desto mehr Bürokratie.
⇒ Wo sehen Sie Potenzial für Einsparungen?
Bohnhoff: Ich habe dem Haushalt nicht zustimmt, da bei den Personalstellen gerade im staatlichen Bereich verstärkt kommunales Personal eingestellt wird, das letztlich die Kommunen bezahlen müssen. Auch sind darin Stellenenthalten, die für mich keinen Sinn ergeben, z.B. Stellenerhöhung „GesundheitsregionPlus“ mit dem Thema Pflege. Hier hat der Landkreis keinen Gestaltungsspielraum, da die Rahmenbedingungen auf anderer Ebene festgelegt werden. Weiteres Beispiel ist die Stelle „BildungsmanagerIn“ mit einer Stellenmehrung wegen verstärkter Inklusion behinderter Schülerinnen und Schüler in die Regelschule. Das LRA MIL verfügt bereits über eine eigene Behindertenbeauftragte. Wäre es nicht möglich, das Thema dort anzusiedeln? Diese und eine Menge weitere Beispiele machen deutlich, dass noch viel Luft nach oben vorhanden ist. Die wirtschaftliche Situation für die Gemeinden und den Landkreis wird schwieriger werden, daher können wir uns z.B. einen wichtigen Berufschulneubau nur leisten, wenn wir den Willen haben an anderen Stellen zu sparen.
(Interview in MeineNews)
Bei weiterem Interesse können Sie die komplette Haushaltsrede von Armin Bohnhoff hier nachlesen.